28.5.2019
Verhindert umstrittene Skulptur ein echtes Freiheitsdenkmal in Leipzig? (Medlung der Leipziger Volkszeitung vom 28.5.2019)
Pläne, die umstrittene Plastik der US-Künstlerin Miley Tucker-Frost an der Runden Ecke aufzustellen, stoßen bei Bürgerrechtlern auf Widerstand. Das Kunstwerk, dessen Kunstwert mancher Beobachter bezweifelt, werde der Friedlichen Revolution nicht gerecht und verhindere womöglich den Bau eines Denkmals. Gesine Oltmanns weiß, was die Friedliche Revolution bedeutete und wie sie verlief. Diese Erinnerungen werden sie ihr Leben lang begleiten. 1965 in Olbernhau im Erzgebirge geboren, wuchs sie in einem christlichen Elternhaus auf. In den 1980er-Jahren wurde Leipzig ihre neue Heimat, sie fand zu Bürgerrechtsgruppen, die unter dem Dach der Kirche aktiv waren und engagierte sich bei verschiedenen Protestaktionen, so beim Straßenmusikfestival. Aufsehen erregte sie gemeinsam mit Katrin Hattenhauer, als sie am 4. September 1989 vor der Nikolaikirche das Plakat „Für ein offenes Land mit freien Menschen“ entrollte. Gesine Oltmanns hatte Glück, nicht verhaftet zu werden, ihre Mitstreiterin wurde eine Woche später inhaftiert und saß noch am 9. Oktober im Gefängnis. Oltmanns wurde von der Stasi beobachtet – in der Operativen Personenkontrolle „Madonna“.
Dass sie mit solcher Vita legitimiert ist, gerade im 30. Jahr der Friedlichen Revolution ihre Meinung zu sagen, steht außer Frage. Zudem spricht sie als Vorstand der „Stiftung Friedliche Revolution“. Wie also an das Jahrhundertereignis erinnern? Ein Freiheits- und Einheitsdenkmal für Leipzig konnte, wie man weiß, im ersten Versuch nicht realisiert werden. Es gibt einen neuen Anlauf, es zu errichten. Der politische Wille ist vorhanden. „Alle weitere Mühe dafür könnte umsonst sein, wenn sich die Stadt die Plastik der US-amerikanischen Künstlerin Miley Tucker-Frost schenken lässt“, so Oltmanns. Nicht nur, dass sich Leipzig aus Sicht mancher Beobachter mit der einfältigen und unprofessionellen Gestaltung blamieren würde; der Leipziger Künstler Sighard Gille zum Beispiel spricht von „Pfefferkuchenmännchen“. Gesine Oltmanns befürchtet, sollte es zur Aufstellung vor dem Museum in der Runden Ecke kommen, dass dadurch das Freiheitsdenkmal nicht mehr zu realisieren sein wird.