Wo und wie können die Idee und das Anliegen eines Freiheits- und Einheitsdenkmals in einem künstlerischen Wettbewerb umgesetzt werden?
An dieser Stelle veröffentlichen wir Meinungen zur Fragestellung des 3. Hearings, die uns erreichen.
Zweifellos ist es ein großes Vergnügen, die erhaltenen Residenzen und Parks früherer Potentaten unseres Landes in sich aufzunehmen. Sie sind identitätsstiftende Schätze und werden deshalb auch zu Recht von der Allgemeinheit unterhalten und auch genutzt. Damals wurden allerdings diejenigen nicht gefragt, die für die Kosten aufkommen mussten.
Weitsichtige Fürsten, wie z.B. die Anhaltiner in Wörlitz und die Wittelsbacher in Bayern im Englischen Garten, machten schon ab dem frühen 19. Jahrhundert ihre Anlagen der Allgemeinheit zugänglich. Wäre es da nicht sinnvoll, in unserer Bundesrepublik einen Bürgerpark zu errichten, einen "Park der deutschen Einheit", an geeigneter Stelle in Berlin, zu dessen Gestaltung Gartenarchitekten, Künstler und Bürger aufgerufen würden. In Paris z.B. sind moderne Parks entstanden.
Wolfgang Winter, Reutlingen
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Um die Diskussion auf den Punkt zu bringen, die Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert am Tag der Deutschen Einheit anregte:
Das Denkmal der Deutschen Freiheits- und Einheitsgeschichte i s t die Leipziger Paulinerkirche.
- vor über 700 Jahren als eine der ersten Gründungen des Dominikanerordens erbaut
- von Martin Luther 1545 als erste deutsche Universitätskirche geweiht
- Wirkungsstätte von Johann Sebastian Bach, Felix Mendelssohn Bartholdy u.v.a.
- über Jahrhunderte Ort der Begegnung der deutschen Wissenschafts- und Geistesgeschichte wie
Gottsched, Goethe, Gellert... bis hin zu Flechsig, Wundt und Heisenberg...
- Begräbnisstätte hunderter herausragender Wissenschaftler und Persönlichkeiten
- kultur- und kunsthistorisches Kleinod durch Epitaphien und Gemälde
- mit der Rossbachschen Fassade anstelle der ehemaligen Stadtmauer Sinnbild der Freiheit.
Wenn ein deutsches Freiheits- und Einheitsdenkmal geschaffen werden soll, kann es nichts Besseres geben, als mit ihrem originalgetreuen Wiederaufbau im Sinne von Felix Mendelssohn Bartholdy und Johann Sebastian Bach, beginnend mit dem Paulusjahr 2008 die Zeichen der dafür zu setzen, daß Kulturbarbarei für die deutsche Nationalkultur keinen Bestand hat und die Zerstörung bürgerlicher Werte in der zweiten deutschen Diktatur ihrer Wiedergewinnung weichen muß.
Der Zustand dieses Denkmals und damit die Widerspiegelung der Einheit Deutschlands ist gegenwärtig durch folgendes charakterisiert: In einer Sandgrube abgekippt liegen die wichtigsten Leipziger Universitätsbauten, deren über Jahrhunderte bedeutendste Berühmtheiten sind anonym verscharrt, Kunstraub, Fälschung, Unterschlagung, Klitterung, Erpressung und weitere Repressalien sind unaufgeklärt und bestimmen bald 40 Jahre nach der Sprengung der Leipziger Universitätskirche St. Pauli die Situation in Sachsen.
Die friedliche Revolution, wie sie mein damaliger Chef, Prof. Kurt Masur, und andere aus dem Blickwinkel des zitierten Fotos sahen, erfolgte durch Leipziger Bürger auch aus der Erwägung heraus, daß an diesem Platz die SED mit ihren Vasallen den Anspruch auf eine Zukunft mit der Sprengung der Paulinerkirche 1968 verloren hatte.
Denn die Paulinerkirche gehört wieder auf diesen Platz!
Wieland Zumpe, Leipzig
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Das Außerordentliche, das zutagetrat und das alle vorherige Ordnung aus den Angeln hob, es wird in dem Maße in uns Bestand haben, wie wir es jenseits aller alltäglichen Ingebrauchnahme, wie wir es jenseits aller vordergründigen Nutzenvorstellungen als eben dieses Außerordentliche und Einmalige begreifen.
Seit geraumer Zeit schon geht mir durch den Kopf, dass der friedlichen Revolution, die sich Demokratie auf die Fahnen schrieb und schließlich zu Freiheit und Einheit führte, ein bleibender und sichtbarer Platz gewidmet werden müsse - nicht nur in Leipzig selbst, wo sie ihren Anfang nahm und wofür ja sicherlich die dortigen Akteure stehen werden, SONDERN AUCH UND GERADE IN BERLIN.
Nach meiner eigenen Empfindung wäre der sinnvollste Platz dort, wo die vorherigen Welten brutal aufeinanderprallten und wo auch noch ein namentlicher Bezug zu Leipzig existiert: am Leipziger Platz.
Wenn ich meiner Gefühlslage und meiner Intuition folge, so schwebt mir in etwa Folgendes vor, das ich hier auch freimütig äußern möchte. Geschaffen werden könnte ein GLASKUBUS mit einer Kantenlänge von 1,80 m x 1,80 m x 1,80 m. Die Abmessungen könnten den menschlichen Maßstab symbolisieren, das Glas stünde für Transparenz.
Auf der einen Seite - derjenigen, die von Leipzig herkommt - könnte ein großer Punkt auf die Scheibe markiert werden, versehen mit dem Buchstaben "L" oder ausgeschrieben "Leipzig", daneben dann die Jahreszahl "1989". Von Leipzig aus könnte grafisch eine Verbindung nach Berlin dargestellt werden, bspw. der B 2 / ehem. F 2 folgend, alternativ der Bahn folgend oder einer korrelativ hergestellten Linie dazwischen. Der für Berlin stehende Punkt müsste selbstredend etwas kleiner sein.
Auf der anderen Seite - derjenigen, die vom Berliner Zentrum herkommt - könnten die Worte stehen:
"Geteilt. Vereint. Gefunden."
Direkt darunter dann könnte Folgendes Platz finden:
"1945. I I 1989, 1990 ... ff ..."
Es würde sozusagen die andere Seite markieren, in die dann letztendlich alles hineinfloss. Mit "Geteilt. Vereint. Gefunden." zitiere ich den Titel einer Ausstellung.
Ich folge meinen Assoziationen:
Der überdimensionierte Punkt hinter "1945" verwiese auf die Abgeschlossenheit, die des Denkens und indirekt auch des Territoriums. Zwei vertikale Striche könnte die Trennung symbolisieren, die Jahresziffern "1989,1990" den begonnenen Neuanfang. Das Komma verwiese auf den Übergang, die Auslassungszeichen auf das Unbekannte, vielleicht auch auf das Übersprungene. Die in Schreibschrift geschriebenen Buchstaben "ff" könnten für den Fortgang der Geschichte in menschlichen und zwischenmenschlichen Bezügen stehen.
Ich bin weder Künstler noch bin ich Veranstaltungsmanager. Ich kann auch nicht einschätzen, inwieweit das hier Genannte mit einem Denkmal ggf. größerer Dimension kompatibel wäre, geschweige denn, dass ich mir erlaubte, hierin eine Alternative dazu zu sehen. Verstehen Sie bitte das Genannte einfach als freimütige Anregung in dem Sinne, dass Inspiration nie genug sein kann...
Helmut Krüger, Potsdam
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Brauchen wir ein Denkmal für die deutsche Einheit? Antwort ganz klar:
JA! Allerdings: Wir haben es längst. Und alle Welt weiss es! Es ist:
Das Brandenburger Tor. Einst im Todesstreifen unerreichbar, ist es seit dem Winter 1989/90 zum Symbol friedlich errungener gesamtdeutscher Freiheit geworden... Und jeden Tag pilgern genau deswegen tausende Besucher aus aller Welt dorthin! Und jedes Jahr feiern zehntausende Deutsche aus dem ganzen Land dort am 3. Oktober und zu Silvester immer wieder die deutsche Einheit!
Deshalb ist die neue Denkmaldebatte reichlich seltsam und vollkommen überflüssig. Außerdem gibt es doch auch schon die wunderbare Freiheitssäule auf dem Leipziger Nikolaikirchhof (dem Ort, am dem die Voraussetzungen für die deutsche Einheit unter Lebensgefahr errungen wurden)! Es gibt Mauer- und andere Gedenkstätten im ganzen Land, die dringend mehr Aufmerksamkeit und Geld benötigen... es müssen nicht noch mehr Kranzabwurfstellen in fragwürdigem Zeitgeist-Design für rein formelle Anlässe geschaffen werden! Wertet doch lieber endlich das lebendige Gedenken auf, was wir längst haben...
Martin Jankowski, Berlin
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Wiedervereinigungsdenkmal
Grundidee: Die innerdeutsche Grenze war eine klaffende Wunde.
Der nationale Wille hat die Wundränder zusammengeführt und vernähnt.
Zurück bleibt eine historische Narbe.
Zwei unterschiedliche Metallkonstruktionen (Messing/Kupfer) werden an
der inneren Schnittstelle versetzt hintereinander gestellt. Die Schnittstelle entspricht dem Verlauf der innerdeutschen Grenze. Die beiden Teile werden mit einen dicken Tampen der schwarz/rot/fgold-Farben gewoben ist, vernäht. Die Skulptur steht auf einer runden Grundplatte, der umlaufende
Plattensteg dient als Ebene für Gravuren der Sponsoren. Die Skulptur
steht auf einem massiven runden Betonsockel der über Treppen begehbar ist.
Der Umlauf des Sockels dient als Schaufenstergalerie.
Karl Heinz Nagel, Kassel