Was sollte ein Freiheits- und Einheitsdenkmal versinnbildlichen?
An dieser Stelle veröffentlichen wir Meinungen zur Fragestellung des 2. Hearings, die uns erreichen.
Wohin mit dem Nationalen Freiheits- und Einheitsdenkmal?
Ein Denkmal für die friedliche Revolution.
Anlässlich der 20jährigen Wiederkehr der friedlichen Revolution im Jahre 2009 hat die Deutsche Gesellschaft e.V. eine politische Diskussion über die Errichtung eines Freiheits- und Einheitsdenkmals initiiert. Hierzu zeichnet sich parteiübergreifend eine positive Haltung des Deutschen Bundestages zur Unterstützung dieses nationalen Vorhabens ab.
Erstmals soll ein würdiges Denkmal an diejenigen Ereignisse erinnern, die den gewaltlosen Übergang von einer Diktatur zu einer freiheitlichen und demokratischen Ordnung in einem vereinten Deutschland ermöglicht haben. Ein solches Nationaldenkmal kann auch, wie es angestrebt wird, als eine Ermutigung zur weiteren Vertiefung des freiheitlichen und demokratischen Gedankens in unserem Lande dienen. Vor dem Hintergrund des vom deutschen Volke gewollten friedlichen Überwindens einer als unnatürlich empfundenen Teilung des Landes und eines gemeinsamen Aufbruchswillens, wäre ein solches Denkmal in Relation zu anderen bekannten nationalen Erinnerungsdenkmalen tatsächlich etwas qualitativ Neues und Begrüßenswertes.
Mit der sich abzeichnenden gesellschaftlichen Übereinstimmung rücken nun auch konkrete Fragen zur Realisierung des Vorhabens in den Vordergrund, welche sowohl den zu wählenden Standort, aber auch die künstlerische oder gar architektonische Umsetzung des Vorhabens aufwerfen.
An der Richtigkeit, das Denkmal in der deutschen Hauptstadt zu errichten, ist ernsthaft nicht zu zweifeln. Bevor jedoch über die Form des Denkmals diskutiert werden kann, muss die Frage geklärt werden, welcher Ort sich in Berlin für ein solches anbietet.
Plädoyer für den Leipziger Platz als Standort für das Denkmal.
Das Forum Stadtbild Berlin ist der Auffassung, dass die Lage eines zu planenden Denkmales nicht nur vom Grad der Erreichbarkeit und der Wahrnehmung im innerstädtischen Raum abhängen sollte, sondern auch von der Aussagekraft des historischen Ortes. Für das Denkmal ist ein stark frequentierter innerstädtischer Bereich zu erwägen, der in der Nähe des Regierungsviertels liegt und darüber hinaus augenfällig mit der deutschen Teilung und den Ereignissen des Jahres 1989 verbunden ist. Diese Qualitäten bietet in einzigartiger Weise der Leipziger Platz.
Vielfältige historische Gründe sprechen für diese Ortswahl: Bereits 1797 erachtete Friedrich Gilly den damals noch schlicht ‚Octogon’ genannten Platz als bedeutsam genug, um für diesen seinen berühmten Entwurf für ein Denkmal zu Ehren Friedrichs des Großen vorzulegen. Seit 1814 trägt das Achteck zur Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig den Namen jener Stadt und bietet somit historische Bezüge zu den Freiheitskriegen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Prompt entwickelte Karl Friedrich Schinkel einen Plan für einen Dom aller Deutschen, eine riesige Kathedrale in gotischen Formen, die jedoch ebenso wenig gebaut wurde, wie das Friedrichsdenkmal Gillys.
Am 17. Juni 1953 wurden der Platz und seine Umgebung zum Schauplatz von Demonstrationen gegen die DDR-Regierung. Die Bilder dieses Freiheitskampfes und seiner Unterdrückung durch sowjetische Panzer gingen um die Welt. Hier zerschnitten seit 1961 Mauer und Todesstreifen besonders prägnant Stadt, Land und sogar die damalige Welt in zwei Hälften. Neben dem Brandenburger Tor war es vor allem der Leipziger Platz, der Jahrzehnte hindurch als Sinnbild für Unrecht und widernatürliche Teilung galt.
Nicht zuletzt in der Zeit der friedlichen Revolution 1989 wurde zwischen Potsdamer- und Leipziger Platz mit besonderer Genugtuung, Erleichterung und echter Freude das erste Mauersegment herausgebrochen. Hier, an dieser Stelle fiel die Mauer! Der Name des Platzes verweist nun zugleich auf die Stadt, in der die friedlichen Proteste, die zur Wende von 1989 führten, ihren Ausgang genommen hatten. Neben historischen Gründen wäre die räumliche Nähe zu Bundesrat, Bundestag, zahlreichen Landesvertretungen und Botschaften gegeben, welche das Denkmal politisch einbinden würden. Außerdem läge es in der Nähe des Kulturforums mit Philharmonie, Staatsbibliothek und Museen. Zahlreiche Nahverkehrsmittel und sogar ein Regionalbahnhof erschließen diesen Platz.
Städtebaulich böte der Leipziger Platz in Verbindung mit dem schon jetzt im Boden des Platzgeländes baulich markierten ehemaligen Verlauf der Berliner Mauer genug Raum für ein Denkmal geradezu jeder Größe und Gestalt. Hier reicht der Gestaltungsspielraum vom einfachen Gedenkstein über einen begehbaren Glaskubus, eine einfache oder doppelte Brunnenanlage, ein Denkmal mit skulpturalem Schmuck in gegenständlicher oder abstrakter Form, bis hin zum monumentalen, die Platzseiten verbindenden Torbogen. Selbst ein Denkmal in der Platzmitte wäre vorstellbar – bei allem Aufwand für das Verlegen von Fahrbahnen und U-Bahn-Zugängen. Kaum ein Entwurf wird hier eine räumliche Beschränkung erfahren oder das architektonische Platzgefüge beeinträchtigen. Sichtbarkeit und künstlerische Wirkung des Denkmals wären gewährleistet.
Nutzung des ehemaligen Nationaldenkmals an der Schlossfreiheit?
Bisher wurde als Ort für ein Einheitsdenkmal lediglich der Unterbau des ehemaligen Nationaldenkmals Kaiser Wilhelms I. an der Schlossfreiheit (heute südwestliche Ecke des Schlossplatzes) vorgeschlagen, ohne ernsthaft Alternativen zu bedenken.
Das Nationaldenkmal Kaiser Wilhelms I. war 1897 gegenüber der Westfassade des Schlosses enthüllt worden. Oberhalb des in den Kupfergraben hinein geschobenen Unterbaus bestand es aus drei Elementen: dem über neun Stufen zu erreichenden Festplatz, dem sich zentral darauf erhebenden, neun Meter hohen Reiterstandbild des Kaisers auf einem roten Granitsockel und einer das Standbild umfangenden Säulenhalle mit zwölf Metern Höhe über Straßenniveau. Dieses Denkmal war, bei aller Einflussnahme Kaiser Wilhelms II., aus echter Wertschätzung des gesamten deutschen Volkes dem ersten neuzeitlichen deutschen Kaiser gegenüber entstanden, der, in seinem Leben immerhin vom Saulus zum Paulus gewandelt, neben Bismarck als Begründer des ersehnten deutschen Gesamtstaates angesehen wurde. Er galt als Überwinder der Kleinstaaterei und als Garant einer zwar um Österreich reduzierten, doch stabilen deutschen Einheit unter preußischer Führung. Das Nationaldenkmal war aus der gleichen Freude über die Vereinigung der deutschen Staaten entstanden, wie wir sie gegenwärtig bezüglich der Wiedervereinigung empfinden. Der heute unter Denkmalschutz stehende Unterbau, der auf seiner Oberfläche den ursprünglichen Festplatz trägt, hat als einziges Teil des Ensembles die ideologisch motivierten Abrissarbeiten der Jahre 1949/50 überstanden. Noch ein Wort zur oft kritisierten Monumentalität der Anlage: Die Entwürfe mehrerer anderer Architekten sahen Denkmäler von weitaus größerer Dimension vor. Man staune: Erst durch den Einspruch Kaiser Wilhelms II. wurde eine vergleichsweise kleine Variante gewählt. Im Übrigen entstand etwa zeitgleich das Monumento Nazionale a Vittorio Emanuele II. in Rom, gegen das sich das Berliner Denkmal ohnehin wie Kinderspielzeug ausnimmt.
Das Reiterstandbild, somit auch die gesamte Anlage, wurde exakt gegenüber dem Eosander-Portal des Schlosses positioniert, so dass eine großzügige, festliche Platzsituation vor dem Schloss gegeben war. Die architektonischen Bezüge der neobarocken Denkmalsanlage zum Schloss waren unverkennbar. Mit ihrer Rückseite gab die Säulenhalle gleichzeitig dem auf der anderen Seite des Kupfergrabens liegenden Schinkelplatz Halt.
Gerade vor dem Hintergrund des im Jahre 2010 beginnenden Wiederaufbaus des Berliner Schlosses stellt sich die Frage, wie mit dem Rest des Nationaldenkmals an der früheren Schlossfreiheit verfahren werden soll. Eine zukünftige Wiederherstellung und Nutzung des Denkmalunterbaus dürfte keinesfalls die Wirkung des Schlosses zur Schlossfreiheit beeinträchtigen. Aus diesem Grund, und zudem in Kenntnis der durchaus gegebenen architektonischen Qualität sowie der geschichtlichen Bedeutung des ehemaligen Denkmals, sollte von einer allzu überstürzten Neuplanung oder Überbauung an diesem Ort Abstand genommen werden. All diese Faktoren legen einem Entwurf für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal enge Grenzen auf. Das neue Denkmal nur deshalb auf den alten Unterbau zu stellen, weil dieser da ist, ist ein wenig kurz gedacht.
Gegen den Standort für ein Einheitsdenkmal vor dem Schloss sprechen also zum Einen die architektonische Ausprägung des ehemals hier gelegenen Zentrums der Monarchie, wie auch die nicht vorhandenen historischen Bezüge des neuen Denkmals zu Preußen und dem Kaiserreich. Das Denkmal zur Wiedervereinigung vor dem Schloss zu bauen wäre somit eher eine hohle Phrase und ein verkehrtes Symbol, als eine gute Idee.
Im Gegensatz hierzu bietet gerade der Leipziger Platz augenfällige Bezüge zu Mauer, Kaltem Krieg und Wiedervereinigung der Deutschen im 20. Jahrhundert. Er ist die Erste Wahl und keineswegs ein Kompromiss!
Patrick Neuhaus, Historiker und Kunsthistoriker
Kristian Ludwig, Kunsthistoriker und Historiker
FORUM STADTBILD BERLIN
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Meine Meinung zu diesem Projekt: Kurzum: Projekt unnötig da verkehrt.
Freiheit ist ein relativ unklarer Begriff voller falscher und subjektiver Auslegungen. Unter Freiheit kann hierzulande primär nur die Freiheit des Großkapitals verstanden werden, nicht die Freiheit des Menschen vor Entrechtung, vor Entwürdigung und Ausbeutung ...
Bernhard Ostermeier